1. Kräftig  


2. Nicht zu rasch

   
3. Etwas langsam   

4. Etwas rasch

5. Rasch

6. Ohne Bezeichnung

7. Kräftig

8. Getragen

9. Lebhaft

10. Nicht rasch 

>>> Quellen

AUFFÜHRUNGSDAUER: ca. 15 Min.

VERLAG: Belmont Music Publishers

»Ich maße mir das Verdienst an, eine wahrhaft neue Musik geschrieben zu haben, welche, wie sie auf der Tradition beruht, zur Tradition zu werden bestimmt ist.« Arnold Schönbergs, 1931 im Essay »Nationale Musik« reflektierter Traditionsbezug basiert auf geschichtlicher Notwendigkeit, welche sich nicht nur in technisch-mechanischer Materialbewältigung manifestiert, sondern durch deren künstlerische Grenzüberschreitung als existenzielle Dimension legitimiert wird. Neben dem vordergründig in der Materialverwendung und gedanklichen Verfahren ablesbaren Rückbezug auf Vorbilder der Wiener Klassik stellt sich Schönberg auch in der Positionierung des unter der Ignoranz seiner konservativen Umwelt leidenden künstlerischen Ichs im Sinne schicksalshafter Parallelität in die Nachfolge Mozarts und Beethovens. Von akademischem Zwang unberührte autodidaktische Studien der Werke seiner Vorbilder Bach und Mozart (»in erster Linie«) sowie Beethoven, Brahms und Wagner (»in zweiter«) stellten Arnold Schönberg in ein Stilkontinuum, das er auch durch seine eigenen Schüler fortzusetzen trachtete.

»Einer hat es sein müssen, keiner hat es sein wollen, also habe ich mich dazu hergegeben« – wann wurde Schönberg Schönberg? Bis zu seinem siebzehnten Lebensjahr beschränkten sich kompositorische Versuche nach eigenen Angaben auf »Imitationen solcher Musik, die mir zugänglich war. Die einzigen Quellen, aus denen ich schöpfen konnte, waren Violinduette und Arrangements von Opernpotpourris für zwei Violinen, wozu noch die Musik gerechnet werden darf, die ich durch Militärkapellen kennenlernte, die in öffentlichen Gärten Konzerte gaben.« (»Rückblick« 1949) Unter den aus dieser Zeit erhaltenen Kompositionen befindet sich auch der seiner Großmutter gewidmete »Alliance-Walzer« des Achtjährigen für zwei Violinen von 1882. Den einzigen nachweisbaren Unterricht erhielt Schönberg durch seinen späteren Schwager Alexander Zemlinsky, den er im Herbst 1895 kennengelernt hatte. Zemlinsky war damals Leiter des Wiener »Musikalischen Vereins Polyhymnia«, einem etwa 30 Mitglieder umfassenden Amateurstreichorchester, mit dem er zunächst im Hotel Rabl am Fleischmarkt sowie im Hotel National in der Taborstraße und schließlich in der »Großen Tabakspfeife« in der Goldschmiedgasse Proben abhielt. Laut Zemlinskys Angaben bestand das Vereinsorchester lediglich »aus ein paar Violinen, einer Bratsche, einem Cello und einem Contrabaß«. Arnold Schönberg, der im Sommer 1895 seine Stelle im Bankhaus Werner & Co. gekündigt hatte, agierte in der »Polyhymnia« laut Zemlinskys Jugenderinnerung von 1934 als »ebenso feurig wie falsch« spielender Cellist. Am 2. März 1896 fand das erste offizielle Orchesterkonzert der Wiener »Polyhymnia« statt, auf dessen Programm neben Werken Alexander Zemlinskys unter anderem die erste öffentliche Aufführung eines Schönberg-Werkes stand.

Vermutlich für die »Polyhymnia« schrieb Schönberg auch eine Serie von 10 Walzern für Streichorchester (ein 11. Walzer blieb unvollendet), deren zeitgenössische Aufführung jedoch nicht belegt ist und – wenn überhaupt – nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat. Mangels dokumentarischer Belege und einer Datierung des autographen Manuskripts in Schönbergs Nachlass (Arnold Schönberg Center, Wien) ist das Entstehungsumfeld der Walzer lediglich auf philologischem Wege rekonstruierbar. Aufschluss gibt hierbei neben dem Schreibduktus als Vergleichsparameter vor allem das Notenpapier. Schönberg verwendete das 18-linige Papier der Firma Joseph Eberle & Co. für eine Reihe von zwischen März 1897 und Juli 1898 entstandenen Kompositionen verschiedener Genres, darunter die Gavotte und Musette für Streichorchester (22. März 1897) und »Frühlings Tod« nach Lenau für großes Orchester (20. Juli 1898). Das Schriftbild der Walzer-Partitur weist eine Reihe von graphologischen Übereinstimmungen mit den 1897 entstandenen Manuskripten auf, wodurch angenommen werden kann – was auch durch einen Stilvergleich unterstützt wird –, dass die Walzer für Streichorchester zwischen Frühjahr und Herbst 1897 entstanden sind.

So sehr sich sein Stil in den kommenden Jahren auch wandeln sollte, dem Genre blieb Schönberg bis zu den avancierteren Kompositionen späterer Jahre treu. Folgt man der Opuszählung seiner Werke, so stellt der Walzer op. 23 Nr. 5 das erste Werk dar, in dem die bahnbrechende »Methode der Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen« angewandt wird. Auch in der Suite op. 29 und den Orchestervariationen op. 31, in welchen die neue Methode bereits ausgearbeitet ist, bedient sich Schönberg in Einzelsätzen des Genres noch einmal. Außer eigenkompositorischer Konkurrenz entstanden in den 1920er Jahren zudem zweckgebundene Arrangements berühmter Strauß-Walzer. Dass man in Wien Walzer am besten mit Gassenhauer-Qualitäten komponiert, lässt sich an den charmanten zehn Versuchen des jungen Autodidakten von 1897 heraushören. Schönbergs Wiener Jugend-Walzer stehen der Tanzmusik Schuberts, insbesondere dessen Ländlern, idiomatisch näher als jener der Strauß-Dynastie.

Therese Muxeneder
© Arnold Schönberg Center