I. Satz: Adagio moderato


II. Satz: Adagio, alla marcia


III. Satz: Tempo di Menuetto

DURATION: ca. 16 Min.

VERSIONS:
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PUBLISHER: G. Schirmer (Music Sales Classical)

Während der Diskussion Arnold Schönbergs mit Eberhard Preussner und dem Musikkritiker Heinrich Strobel im Berliner Rundfunk (1931) warf letzterer dem Komponisten vor, seine Musik sei zwar fremdartig, aber nicht »neu«. Schönberg entgegnete hierauf: »Absolut Neues gibt es nicht! Das relativ Neue aber wurzelt in der Tradition, und es ist für mich nur angenehm, wenn man das - wenn auch auf diesem Umweg - erkennt.« Schönbergs Bestreben, seine Musik aus der Tradition heraus verständlich zu machen, manifestierte sich vor allem in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren in zahlreichen Texten, so etwa im Prager Vortrag »Neue Musik, veraltete Musik, Stil und Gedanke« (1930). Musikalischen Ausdruck fand dieses Bemühen zudem in einigen Bearbeitungen von Werken älterer Komponisten: der »Umgestaltung« des Cellokonzerts nach dem D-Dur-Cembalokonzert von Matthias Georg Monn (1932/33), der Bearbeitung für Streichquartett und Orchester von Georg Friedrich Händels Concerto grosso in B-Dur op. 6 Nr. 7 (1933), der Orchesterbearbeitung von Johannes Brahms' Klavierquartett g-Moll op. 25 (1937) sowie eine fragmentarisch gebliebene Umarbeitung von Johann Sebastian Bachs Gambensonate für Violoncello und Orchester (1939). Mit der Bearbeitung des Cembalo-Konzertes von Monn griff Schönberg auf ein für ihn bereits bekanntes Stück zurück, 1911/12 hatte er durch Vermittlung Guido Adlers dafür eine Generalbaßaussetzung für die Denkmäler Österreichischer Tonkunst erstellt. Den unmittelbaren Anlaß für die erneute Auseinandersetzung mit dem Werk hatte eine Anregung des spanischen Cellisten Pablo Casals gegeben, der schon 1913 das ebenfalls von Schönberg mit einer Generalbaßaussetzung versehene g-Moll-Konzert von Monn zur Aufführung gebracht hatte. Über Schönbergs erste Überlegungen gibt ein vermutlich im Winter 1931/32 in Barcelona verfaßter Briefentwurf an Casals Aufschluß: »Sie fragten mich gestern, ob ich denn nicht ein Violoncell-Stück schreiben würde. Ich antwortete Ihnen: ich habe oft daran gedacht und es x-mal vorgehabt. Ich hätte Ihnen auch sagen können: ich hätte nämlich eben vorhin wieder daran gedacht, weil mir Ihr Spiel fabelhafte Lust dazu gemacht hatte; und weiter, welche Pläne ich habe. [...] Ich will kurz einige andeuten: 1. Eine Phantasie über ein Bach-Stück (ein schönes Adagio oder Menuett Gavotte oder dgl.) eventuell in Variationenform; oder 2. Eine Klavier-Suite oder eine Trio-Sonate oder dgl. cellomäßig umdeuten. 3. Eine dieser Arbeiten entweder a) für Cello Solo oder b) [für] Cello mit Klavier oder c) [für] Cello mit Orchester.« Zur Komposition des Werkes - übrigens ist es das letzte in Berlin entstandene - kam es allerdings erst etwa ein Jahr später, zwischen dem 11. November 1932 und dem 4. Januar 1933. Über den Charakter des Konzertes schrieb Schönberg Casals: »Ich glaube, es ist ein sehr brillantes Stück worden. Jedenfalls habe ich mir wegen des Klanges ganz besondere Mühe gegeben und bin sehr zufrieden damit. Das Stück ist in gewisser Hinsicht weniger solistisch, als ein Konzert von Monn wäre; denn sehr oft ist die Funktion des Cellos etwa die eines Solisten in einer Kammermusik, durch dessen brillantes Spiel ein sehr schöner, interessanter Klang entsteht. Im übrigen war es meine Hauptsorge, die Mängel des Händelstils [...] zu beseitigen. So wie Mozart es mit dem Messias von Händel getan hat, so habe auch ich hier ganze Hände voll Sequenzen (Rosalien, ›Schusterflecke‹) entfernt und durch echte Substanz ersetzt. Dann habe ich mich bemüht, den andern Hauptmangel des Händelstils zu bekämpfen: dort ist nämlich das Thema immer beim ersten Auftreten am besten und wird im Lauf des Stückes immer unbedeutender und geringer. Ich glaube, dass es mir gelungen ist, das Ganze etwa dem Stil Haydns zu nähern. In harmonischer Hinsicht gehe ich manchmal ein wenig (manchmal auch etwas mehr) über diesen Stil hinaus. Nirgends aber geht es wesentlich weiter als Brahms, jedenfalls gibt es keine Dissonanzen, die nicht im Sinn der älteren Harmonielehre zu verstehen sind; und: nirgends ist es atonal!« (20. Februar 1932)
Die »freie Umgestaltung« - wie es im Titel des Werkes heißt - von Monns Komposition geht weit über die Grenzen dessen hinaus, wie Schönberg es 1911/12 behandelt hatte. Seine Eingriffe entsprechen auf den ersten Blick zwar den gängigen Verfahren: Umstellungen, Streichungen, Interpolation einzelner Takte oder Abschnitte, harmonische Bereicherung durch Klangfarben; Schönberg beschränkte sich jedoch nicht darauf, Note für Note in seine Partitur zu übertragen, sondern fügte vielmehr neue Stimmen hinzu und komponierte ganze Abschnitte des Werkes neu. So hat etwa der erste Satz bei Monn nur 84 Takte, in Schönbergs Fassung sind es hingegen 97 Takte. Eine weitere wesentliche Änderung gegenüber der Vorlage realisierte Schönberg auf dem Gebiet des Klanges, der ihm, wie im Brief angedeutet, besonders wichtig war. In diesem Zusammenhang ist auch die einschneidende Änderung der Instrumentation zu sehen: Das Cembalo wird gegen das Solocello eingetauscht, und an die Stelle des dreistimmigen Streichersatzes mit Continuo bei Monn tritt nun ein modernes Symphonieorchester mit umfangreichem Schlagwerk sowie Celesta und Harfe. Dabei betrachtete er den Cellopart solange »als Entwurf, als Skizze [...], als Sie [Casals] der Meinung sind, dass etwas nicht gut klinge oder nicht gut liege.« (Brief vom 16. März 1932) Schönbergs »Umarbeitung« zielte damit deutlich auf eine »Verbesserung« der Vorlage: Ihn störten an Monn vor allem die »Mängel des Händelstils«, an dem er kritisierte, daß »der Kontrapunkt des letzteren dürftig und einfach, und seine Nebenstimmen [...] wirklich minderwertig [seien].« (»Neue Musik, veraltete Musik, Stil und Gedanke«) Das Projekt einer gemeinsamen Uraufführung mit Pablo Casals - Schönberg hatte dies in seinem Brief vom Februar vorgeschlagen - sollte sich indes nicht verwirklichen. Casals begann zwar sofort mit der Einstudierung des Werkes, war jedoch skeptisch in Hinsicht auf eine baldige Aufführung, die Schönberg - mit Blick auf die politische Situation - forcieren wollte. »Ich kann Ihnen nur sagen, daß ich unentwegt am Konzert von Monn arbeite - ich habe noch nie ein so schwieriges Werk studiert und - um Ihnen meine Bewunderung zu bezeugen - die Schwierigkeiten sind so vielfältig, daß es zuviel gesagt wäre, den Zeitpunkt festzulegen, wann das Werk der Öffentlichkeit vorgestellt werden kann«. (Brief von Casals, 22. Juli 1933). Letztendlich wurde das Werk erst zwei Jahre später in London mit dem Solisten Emanuel Feuermann zu Gehör gebracht - in Abwesenheit Schönbergs.

Iris Pfeiffer
© Arnold Schönberg Center